Die Ausbildung als Journalist*in hat sich im Zuge der Digitalisierung gewandelt. Doch nach wie vor gilt ein Volontariat als Hauptzugang zu journalistischen Berufen. Was ist damit eigentlich gemeint? Welche Aufgaben hat ein(e) Volontär*in? Und wird man in der Zeit bezahlt?
Um diesen und weiteren Fragen genauer auf den Grund zu gehen, haben wir mit einem Ausbildungsbeauftragen des Südwestrundfunk (SWR) gesprochen. Weil man dort mit Bewegtbild, Online, Social Media und Audio mit vielen Bereichen zu tun hat. Und erhält dadurch eine umfassende Ausbildung. Wir wollen in Erfahrung bringen, was einen als Volontär*in für den Journalismus in der Praxis erwartet. Und auch kritische Themen wie Bezahlung und Arbeitszeiten beleuchten.
Was macht man als Volontär im Journalismus?
Während ihrer Ausbildung lernen die Volontärinnen und Volontäre alles, was sie für ihre journalistische Arbeit im SWR brauchen. In Seminaren und Workshops bekommen sie das nötige Handwerkszeug, um Bewegtbild- und Radiobeiträge zu erstellen, Online-Artikel zu schreiben und die Sozialen Medien zu bespielen. Außerdem lernen sie weitere grundlegende Dinge: Von ethischen Grundsätzen des Journalismus über rechtliche Aspekte bis hin zur Bedienung der notwendigen Software. Auch Sprecherziehung steht auf dem Lehrplan. Ergänzt wird das Ganze durch Projekte, in denen die Volos weitgehend selbstständig arbeiten. Darüber hinaus sind sie in Redaktionen innerhalb und ggf. auch außerhalb des SWR tätig. Dort können sie die gelernten Fähigkeiten in der Praxis anwenden und dabei gleichzeitig herausfinden, für welche Bereiche des Journalismus sie sich am meisten interessieren.
Braucht man ein bestimmtes Studium oder einen Abschluss?
Wer sich um ein journalistisches Volontariat im SWR bewerben will, muss nicht zwingend studiert haben. Es genügt auch ein Realschulabschluss mit beruflicher Erfahrung oder das Abitur.
Wie steigere ich meine Chancen?
Vorerfahrungen im Journalismus sind auf jeden Fall von Vorteil – aber der SWR setzt sie für ein Volontariat nicht voraus. Wer Talent hat und das im Auswahlverfahren beweist, hat ebenfalls gute Chancen.
Hat man schlechtere Chancen, wenn man selbst nicht auf Social Media unterwegs ist?
Auch hier gilt: Es ist vorteilhaft, wenn man sich gut mit den Sozialen Medien auskennt, aber nicht zwingend erforderlich. Schwierig wäre es, wenn man nicht dazu bereit ist, sich in das Thema einzuarbeiten. Denn der SWR bedient alle Ausspielwege.
Kann man das Volontariat auch teilweise im Home Office absolvieren?
In der Regel ist das nicht möglich. Der Großteil des Volontariats findet in Präsenz statt. Trotzdem kann es sein, dass es in einzelnen Redaktionen, in denen die Volos Station machen, Homeoffice-Regelungen gibt.
Hat man in der Zeit eine feste Ansprechperson?
Jeder SWR Volo hat eine Mentorin oder einen Mentor, der für sie das ganze Volontariat über als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Außerdem sind alle Volontäre an eine „Heimatredaktion“ angedockt. In dieser Redaktion verbringen sie rund fünf Monate ihrer Ausbildung. Dadurch lernen sie eine ganze Reihe von Menschen kennen, die ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Gibt es eine typische Arbeitswoche und wie sieht diese aus?
Typisch für eine Arbeitswoche im Volontariat ist, dass sie meist untypisch verläuft. Die Mischung aus Workshops, redaktioneller Arbeit, Kursen und Projekten sorgt für abwechslungsreiche Arbeitswochen und lässt garantiert keine Langeweile aufkommen.
Was verdient man als Volontär*in?
Im ersten Halbjahr verdienen SWR Volos 2.192 € pro Monat. Im zweiten Halbjahr sind es 2.309 €. Im letzten Ausbildungshalbjahr steigt die Vergütung auf 2.430 € (Stand Januar 2024).
Wie lange dauert ein Volontariat beim SWR? Gibt es die Möglichkeit zu verlängern?
Das Volontariat im SWR dauert 18 Monate. Eine Möglichkeit, die Ausbildungszeit zu verlängern, gibt es nicht.
Habe ich die Chancen nach einem Volontariat übernommen zu werden?
Der SWR gibt allen Volos nach Abschluss ihrer Ausbildung eine Übernahmegarantie für ein Jahr.
Mit welchen Herausforderungen ist während des Volontariats zu rechnen?
Für die Volos ist die Ausbildung eine spannende, aber auch fordernde Zeit: Sie müssen sich auf viele Ortswechsel einstellen, sich in neue Themen einarbeiten und teilweise auch ihre eigenen Grenzen ausloten. Wechselnde Reporter-Einsätze, Live-Berichterstattung, Bühnenmoderationen und der Umgang mit dem Zeitdruck im aktuellen Redaktionsablauf sind Teil der persönlichen Entwicklung.
Wie gestalten sich die Arbeitszeiten?
Während der Workshop- und Projektphasen sind die Volos in der Regel zu den klassischen Bürozeiten im Einsatz. Im praktischen Teil des Volontariats sind aber auch immer wieder Einsätze zu Randzeiten oder an Wochenenden möglich. Das entspricht den Anforderungen im journalistischen Alltag, der die Volos nach dem Ende ihrer Ausbildung in den Redaktionen erwartet. Journalismus ist kein Nine-to-Five-Job.
In Ihrer Stellenanzeige für Volos wird ein Führerschein vorausgesetzt. Warum?
Bei Reportereinsätzen wird zum Teil auch aus den entlegensten Winkeln des Sendegebiets berichtet. Dort kommt man ohne Auto kaum hin. Deshalb ist es für Volos dringend notwendig, einen Führerschein zu besitzen und über mindestens zwei Jahre Fahrpraxis zu verfügen.
Hat sich das Journalistisches Volontariat in den letzten 5 Jahren verändert?
Einen Lehrplan, der mehrere Jahre überdauert, gibt es nicht mehr. Stattdessen muss sich die Ausbildung immer wieder auf die sich verändernde Medienennutzung, die technischen Entwicklungen und die neuen Möglichkeiten, über die Welt zu berichten, einstellen. Das ist durchaus anstrengend, aber auch sehr spannend.
Welchen Journalismus-Interessierten würden Sie abraten, sich bei Ihnen zu bewerben?
Für Menschen, die nicht flexibel sind und nur in einem ganz bestimmten Bereich arbeiten möchten, ist das Volontariat eher nicht zu empfehlen. Wer aber Spaß und Freude an aktuellen Entwicklungen hat, eine abwechslungsreiche Ausbildung machen möchte, kommunikativ und kooperativ ist und sich mit den Zielen und Werten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks identifiziert, ist beim SWR genau an der richtigen Adresse.
Unser Interviewpartner:
Holger Neumann arbeitet seit 17 Jahren im SWR Studio Mannheim Ludwigshafen als Hörfunk- und Online-Redakteur. Außerdem ist er einer der Ausbildungsbeauftragten, die sich im Südwestrundfunk um die Organisation des Volontariats und die Betreuung des journalistischen Nachwuchses kümmern.