Viele Menschen geraten bei einer Einladung zum Vorstellungsgespräch in Aufregung. Und haben Angst vor unangenehme Fragen. Denn „Stressfragen“ werden von Interviewern genutzt, um Bewerber*innen unter Druck zu setzen. Und zu schauen, wie Eingeladene damit umgehen. Wer das schon einmal erlebt hat, blickt nervös auf das kommende Gespräch. Aber kein Grund zur Sorge! Im folgenden Beitrag erhalten Sie hilfreiche Tipps und Techniken, um unerwartete Fragen zu parieren. Sie lernen, wie man negative Unterstellungen positiv umwandelt. Um auf heikle Frage souverän und selbstbewusst zu reagieren. Dabei geht es vor allem auch darum, dass es beim Bewerben nicht um Perfektionismus geht. So können Sie das kommende Gespräch entspannt angehen!
Warum machen Fragen im Bewerbungsgespräch Angst?
Je wichtiger einem die Anstellung ist, desto wahrscheinlicher ist es, sich selbst zu hinterfragen. Bin ich qualifiziert genug? Sind Mitbewerber*innen besser geeignet als ich? Eine negative Selbstwahrnehmung rührt aus Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten. Absagen und schlechte Erfahrungen aus vergangenen Gesprächen verstärken die Unsicherheit. Eins ist klar: Aufregung vor einem Vorstellungsgespräch ist normal. Aber Ängste lassen sich vermeiden! Machen Sie sich klar, dass Sie nicht ohne Grund eingeladen wurden! Ihre Vita hat bereits überzeugt. Jetzt sollen auch Sie sich einen eigenen Eindruck verschaffen. Denn auch der Arbeitgeber bewirbt sich bei Ihnen! Es geht nicht darum perfekt zu wirken, sondern authentisch zu bleiben.
Legen Sie den Perfektionismus ab!
Auf jede Frage reagieren können? Ohne Verunsicherung zu offenbaren? Und dabei selbstbewusst, aber keineswegs arrogant zu wirken? Das sind keine angeborenen Fähigkeiten, sondern lässt sich erlernen! Mit etwas Übung im Vorfeld werden Sie jeder Frage gewachsen sein. Und zwar nicht, indem Sie stets die perfekte Antwort aus dem Hut zaubern. Es steht außer Frage: Eine gute Vorbereitung vor dem Vorstellungsgespräch ist notwendig. Sie sollten das Unternehmen kennen und alle grundsätzlichen Fragen durchdacht haben. Und doch wird es immer Fragen geben, auf die Sie nicht vorbereitet sind. Niemand ist allwissend und fehlerlos. Dieser unrealistische Anspruch erzeugt unnötig Angst! Erkennen Sie, dass das gar nicht verlangt wird! Seriöse Interviewer haben keinen Spaß daran, Sie zu verunsichern. Heikle Fragen haben schlicht den Zweck, Sie in einer Stresssituation kennenzulernen. Um unter anderem Ihre Motivation, Werte, Arbeitsweise und sozialen Fähigkeiten zu prüfen. Es geht um die Frage, wie Sie mit eigenen Schwächen umgehen! Niemand erwartet, dass Sie stets die richtige Antwort kennen. Sondern dass Sie auch Unkenntnis souverän und selbstbewusst zugeben können.
Welche heiklen oder provokanten Bewerbungsfragen gibt es?
Der Kreativität sind natürlich keine Grenzen gesetzt. Im Internet nach schwierigen Fragen zu suchen, ist also keine optimale Vorbereitung. Wir empfehlen, sich besser auf das Unternehmen und die Aufgaben zu konzentrieren. Und stellen Ihnen stattdessen im Folgenden eine grundsätzliche Technik vor, um auf „fiese“ Fragen zu reagieren. Damit Sie sich aber einen Eindruck verschaffen können, finden Sie hier Beispiele:
- Warum wollen Sie wechseln?
- Was war der letzte berufliche Fehler, den Sie begangen haben?
- Was sind Ihre unangenehmen Angewohnheiten?
- Wie reagieren Sie auf ungerechtfertigte Kritik?
- Sie arbeiten im Team mit einer Person, die sich nicht einbringt. Wie reagieren Sie?
- Was hat Ihnen an Ihrer vorherigen Position am wenigsten gefallen?
- Welche Ihrer Schwächen würden Sie am liebsten nicht haben?
- Wie reagieren Sie auf unerwartete Probleme?
- Falls Sie im Lotto gewinnen, würden Sie uns dann kündigen
Welche Fragen sind nicht im Vorstellungsgespräch zulässig?
Auch wenn Arbeitgeber*innen ein Fragerecht haben, gilt dies nicht ausnahmslos! Es gibt unzulässige Fragen. Diese betreffen in der Regel Ihr Privatleben und haben mit der Ausübung des Berufs nichts zu tun. Auf diese müssen Sie nicht kontern oder gewieft reagieren. Denn in diesen Fällen greift ein Recht zur Lüge, das im Allgemeinen nicht besteht[1]. Ihre sexuelle Orientierung oder Heiratsabsichten dürfen zum Beispiel nicht erfragt werden! Ebenso sind Ihre Religion oder Parteizugehörigkeiten Privatsache. Auch Fragen zur Schwangerschaft sind unzulässig!
Sich Zeit und Informationen verschaffen
Falls eine Frage völlig überraschend kommt, tut eine kurze Pause zum Denken gut. Um sich (minimal) Zeit zu verschaffen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
- Anerkennung aussprechen
Drücken Sie zu Beginn Verständnis oder Lob für die Frage aus. Das sollte dezent und knapp geschehen: „Ich verstehe gut, warum Sie fragen“. „Das ist echt eine lustige Frage, die finde ich gut!“
- Überraschung zugeben
Wenn man überrascht wird, darf man das auch offen zugeben. Bleiben Sie authentisch: „Ich muss zugeben, dass mich die Frage überrascht. Lassen Sie mich kurz nachdenken…“
- Nachfrage stellen
Es ist unhöflich, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten? Nicht wenn man höflich bleibt! Mit einem bloßen "Sind Sie bitte so freundlich und definieren genauer, was Sie damit meinen?" gewinnen Sie nicht nur Zeit. Sie erhalten auch weitere Informationen, um die Frage besser beantworten zu können. Es ist legitim Rückfragen zu stellen, um den Hintergrund verstehen zu können! Wenn die Situation es erlaubt, können Sie dies auch humorvoll machen: „Wenn ich jetzt Gedanken lesen könnte. Um den wahren Hintergrund der Frage zu verstehen“.
Reframing - Auf Bewerbungsfragen schlagfertig reagieren
Es gibt etliche Schlagfertigkeits-Techniken. Im Folgenden konzentrieren wir uns darauf, den Kontext der Frage umzudeuten. Sehr viele fußen auf diesem Prinzip. Statt sich also viele einzelne Techniken zu merken, lohnt es, dieses grundsätzliche Prinzip zu verstehen. Wenn Sie den Rahmen von Fragen anders deuten, werden unangenehme Situationen entschärft. So reagieren Sie gelassen auf die Frage. Dies können Sie zum Beispiel tun, indem Sie den Kontext oder die Bedeutung der Frage ändern:
Beim Bedeutungs-Reframing identifizieren Sie die negative Unterstellung. Und schaffen stattdessen eine positive Perspektive. Angenommen Sie werden gefragt, warum Sie den letzten Job so kurz ausgeübt haben. Die Interviewer hinterfragen also, ob Sie ausreichend Durchhaltvermögen besitzen oder eher unentschlossen sind. Durch eine Umkehrung der Bedeutung kann aus einer kurzen beruflichen Erfahrung ein Zeichen für das Streben nach beruflichem Wachstum werden. Sie können entgegnen, dass Ihnen ein Vorankommen wichtig ist, die Herausforderungen fehlten und dass Sie kein Mensch für Routinearbeiten sind.
Bei der Frage nach Ihrem letzten beruflichen Fehler kann mangelnde Kompetenz oder Unzuverlässigkeit unterstellt werden. Fehler werden also negativ gewertet. Drehen wir diese Bedeutung um, dann sind Fehler positiv. Weil man aus diesen lernt. Geben Sie also ruhig den letzten Fehler offen zu. Das ist menschlich. Und betonen dabei, was Sie daraus mitgenommen haben. So wird aus einer Unterstellung eine positive Selbstdarstellung.
Auch auf ungewöhnliche Fragen kann man so wunderbar reagieren. „Falls Sie im Lotto gewinnen, würden Sie uns dann kündigen?“. Diese Frage unterstellt mangelnde Loyalität und dass es Ihnen ausschließlich um das Einkommen geht. Finanzielle Stabilität stärkt diese vielleicht sogar? Weil mehr Sicherheit eine besondere Form von Ehrgeiz ermöglicht, der nicht monetär gesteuert ist, sondern rein mit der Tätigkeit zu tun hat?
Beim Kontext-Reframing geht dagegen darum, die Umstände oder Hintergründe der Situation umzudeuten. Hier greifen Sie nicht die Intention auf, sondern schauen sich den Kontext der Frage an. Dass Sie den letzten Job so kurz behalten haben, könnte auf die Rahmenbedingungen der Tätigkeit zurückzuführen sein. Vielleicht ging es um eine konkrete Herausforderung und die haben Sie gemeistert? Auch wirtschaftliche Faktoren haben nichts mit Ihren Fähigkeiten zu tun und können offen zugegeben werden.
Der Lottogewinn ermöglicht schönere Urlaube und bessere Möglichkeiten zum Ausgleich. Dieser neue Rahmen lässt das Arbeiten viel schöner erscheinen!
Und gerade bei Fehlern sollten Sie stets auch die Umstände bedenken. Dass der Fehler nicht an Ihrer Person hing. Sie aber seitdem besser die Umstände im Blick haben und die Situation berücksichtigen. Und dass Sie Ihr Studium abgebrochen haben, kann Ihnen ganz neue Möglichkeiten eröffnet haben, für die Sie dankbar sind.
Provokante Fragen beinhalten negative Annahmen und spielen mit Vorurteilen. Mit Reframing lassen Sie also die Frage in einem positiven Licht stehen. Und tappen eben nicht in die Fallen, sich verteidigen zu müssen! Vor allem zeigen Sie mit dem Reframing im Gespräch, dass Sie flexibel auf Situationen reagieren können. Und es verstehen, Herausforderungen positiv zu meistern. Und genau darum geht es im Vorstellungsgespräch!
Fazit
Perfektionismus ist sicher nicht geeignet, um ein Bewerbungsgespräch zu meistern! Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht alles wissen und nicht jede Frage optimal beantworten können. Auf heikle Fragen sollten Sie nicht nur mit Stärken parieren, sondern auch Schwächen aus der Vergangenheit eingestehen. Zeigen Sie den Entscheider*innen, dass Sie lernbereit sind. Auch in Vorstellungsgesprächen sind Fehler nicht verheerend, sondern zeigen Erfahrung auf! Betrachten Sie diese also nicht negativ, sondern als Chancen sich zu verbessern. Mit dem hier vorgestellten „Reframing“ haben Sie eine Technik kennengelernt, um genau das erfolgreich zu kommunizieren. Verändern Sie die Perspektive, bleiben Sie ganz Sie selbst und rücken sich ins positive Licht. Wir wünschen Ihnen hierbei viel Erfolg!
Lesen Sie hierzu passend auch unseren Artikel Welche Fragen kann ich im Vorstellungsgespräch stellen?